
Muskelverlust im Alter ist ein natürliches Phänomen, das uns alle betrifft. Zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr verlieren wir im Durchschnitt etwa 30-50 % unserer Muskelmasse. Dieser Prozess, bekannt als Sarkopenie, ist nicht nur eine Herausforderung für unsere körperliche Leistungsfähigkeit, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf Gesundheit und Lebensqualität. Doch warum verlieren wir Muskeln, welche Folgen hat das – und was können wir dagegen tun?
Verläuft der Muskelverlust linear?
Nein, der Muskelverlust verläuft nicht linear.
• Ab dem 30. Lebensjahr beginnt der Muskelabbau langsam und schleichend, mit einer jährlichen Reduktion von etwa 0,5-1 %.
• Ab dem 50. Lebensjahr beschleunigt sich der Verlust auf etwa 1-2 % pro Jahr.
• Ab dem 70. Lebensjahr wird der Abbau besonders drastisch und betrifft nicht nur die Muskelmasse, sondern auch die Muskelkraft, die etwa 3-5 % pro Jahr sinken kann.
Dieser nicht-lineare Verlauf ist darauf zurückzuführen, dass altersbedingte hormonelle Veränderungen, Bewegungsmangel und chronische Erkrankungen im höheren Alter stärker ins Gewicht fallen.
Die Hauptursachen für den Muskelverlust
1. Hormonelle Veränderungen:
Mit zunehmendem Alter sinken die Spiegel anaboler Hormone wie Testosteron und Wachstumshormone, die für den Aufbau und Erhalt von Muskelmasse wichtig sind. Auch das Absinken von Östrogen (bei Frauen) und Insulinresistenz spielen eine Rolle.
2. Bewegungsmangel:
Weniger körperliche Aktivität bedeutet, dass die Muskulatur weniger stimuliert wird. Muskeln bauen sich ab, wenn sie nicht regelmäßig gefordert werden – ein Prinzip, das als “Use it or lose it” bekannt ist.
3. Ernährungsfaktoren:
Viele ältere Menschen nehmen weniger Protein auf, das essenziell für den Muskelerhalt ist. Zusätzlich verschlechtert sich die Proteinverwertung des Körpers mit dem Alter, was die Muskelneubildung erschwert.
4. Entzündungsprozesse (Inflamm-Aging):
Chronisch erhöhte Entzündungswerte im Alter können den Abbau von Muskelzellen fördern und deren Regeneration behindern.
5. Neurologische Veränderungen:
Die Anzahl und Funktion der motorischen Nervenzellen, die die Muskeln steuern, nehmen mit der Zeit ab. Dadurch werden Muskelfasern “deaktiviert”, was zur Atrophie führt.
Welche Folgen hat der Muskelverlust?
1. Einschränkungen der Mobilität und Kraft:
Der Verlust an Muskelkraft führt dazu, dass alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen, Einkaufen oder Aufstehen aus dem Stuhl zunehmend schwerer werden.
2. Erhöhtes Sturz- und Verletzungsrisiko:
Weniger Muskelmasse und Kraft beeinträchtigen das Gleichgewicht und die Reaktionsfähigkeit, was Stürze wahrscheinlicher macht.
3. Chronische Krankheiten:
Sarkopenie wird mit einem erhöhten Risiko für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose in Verbindung gebracht.
4. Verringerte Lebensqualität:
Muskelverlust kann zu einem Verlust an Selbstständigkeit und einem erhöhten Pflegebedarf führen.
5. Langsamere Regeneration:
Bei Verletzungen oder Krankheiten ist die Heilungsfähigkeit des Körpers durch reduzierte Muskelmasse beeinträchtigt.
Was kann man gegen Muskelverlust tun?
Glücklicherweise ist der Muskelverlust kein unausweichliches Schicksal. Mit den richtigen Strategien lässt sich der Abbau deutlich verlangsamen und teilweise sogar umkehren.
1. Krafttraining – der Schlüssel zum Erhalt der Muskelmasse
• Regelmäßiges Training mit Gewichten oder Körpergewicht ist die effektivste Methode, um Muskelmasse aufzubauen oder zu erhalten.
• Schon zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche reichen aus, um positive Effekte zu erzielen.
• Besonders effektiv sind Mehrgelenksübungen wie Kniebeugen, Kreuzheben oder Liegestütze.
2. Ausreichende Proteinaufnahme
• Ältere Erwachsene sollten etwa 1,2-2,0 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich zu sich nehmen.
• Gute Quellen sind mageres Fleisch, Fisch, Eier, Hülsenfrüchte und Milchprodukte. Ergänzend können Proteinshakes hilfreich sein.
3. Vitamin D und Kalzium
• Vitamin D spielt eine wichtige Rolle für die Muskelkraft und Knochengesundheit. Ein Mangel sollte durch Sonnenlicht oder Nahrungsergänzungsmittel ausgeglichen werden.
4. Aktiv bleiben
• Neben Krafttraining sollten auch Alltagsaktivitäten wie Spazierengehen, Gartenarbeit oder Radfahren gefördert werden.
5. Entzündungen reduzieren
• Eine entzündungshemmende Ernährung, reich an Obst, Gemüse, Nüssen und Omega-3-Fettsäuren (z. B. aus Fisch oder Leinsamen), kann chronische Entzündungen lindern und den Muskelabbau bremsen.
Fazit: Dem Muskelverlust entgegenwirken
Der Muskelverlust im Alter ist zwar ein natürlicher Prozess, aber keineswegs unvermeidbar. Durch regelmäßige Bewegung, eine proteinreiche Ernährung und einen gesunden Lebensstil können wir unsere Muskelmasse und -kraft weitgehend erhalten – und damit unsere Lebensqualität und Selbstständigkeit bewahren. Je früher wir damit beginnen, desto besser!