
Die Vorstellung von „verkürzten Muskeln“ hält sich hartnäckig in der Fitness- und Gesundheitswelt. Man hört oft, man müsse dehnen, um „verkürzte Muskeln“ wieder zu verlängern, besonders nach langen Sitzzeiten oder intensiven Sporteinheiten. Doch können Muskeln tatsächlich verkürzen? Die Antwort ist: Nein – zumindest nicht in dem Sinne, wie der Begriff meist verstanden wird.
Woher kommt der Mythos der „verkürzten Muskeln“?
Die Vorstellung von verkürzten Muskeln geht auf das Empfinden zurück, dass Muskeln sich steif und angespannt anfühlen, besonders nach intensiver Belastung oder Bewegungsmangel. Dieses Gefühl der Steifheit wird oft fälschlicherweise als Verkürzung interpretiert. Tatsächlich ist der Muskel jedoch nicht physisch verkürzt, sondern lediglich angespannt oder möglicherweise verklebt (faszial). Die häufigste Ursache für dieses Missverständnis liegt in der Muskulatur und im Nervensystem, die durch Überbelastung, Verletzung oder auch Stress in einen angespannten Zustand geraten können.
Was passiert wirklich im Muskel?
Muskeln können ihre Länge anpassen, aber nicht in dem Sinne, dass sie ohne Verletzungen dauerhaft kürzer werden. Muskeln können durch Training und Bewegung flexibler und durch Inaktivität weniger flexibel erscheinen. Dabei verändert sich jedoch weniger der Muskel selbst, sondern vor allem die Fähigkeit des Nervensystems, dem Muskel verschiedene Längen zu „erlauben“. Wenn wir uns weniger bewegen oder eine monotone Körperhaltung einnehmen, passt sich der Muskeltonus an diese Haltung an, was uns steif erscheinen lässt.
Wann „verkürzt“ ein Muskel wirklich?
Eine tatsächliche physische Verkürzung tritt nur in Ausnahmefällen auf – etwa nach einer Verletzung oder Operation, wenn der Muskel für längere Zeit nicht benutzt wird. Selbst in diesen Fällen sprechen Fachleute meist von Verklebungen und Einschränkungen im Gewebe, nicht von einem wirklich kürzeren Muskel. Physiotherapie und sanftes Dehnen können helfen, den Muskeltonus wiederherzustellen und die ursprüngliche Beweglichkeit zu fördern.
Fazit: „Verkürzung“ ist oft eine Frage der Flexibilität
Wenn Muskeln „verkürzt“ wirken, liegt es meist an einem Mangel an Flexibilität oder einem angespannten Muskeltonus. Regelmäßige Bewegung und Dehnübungen können helfen, die Flexibilität zu verbessern und das Gefühl von Steifheit zu verringern. Der Mythos der „verkürzten Muskeln“ hat also mehr mit unserer Wahrnehmung und dem Nervensystem als mit einer tatsächlichen Veränderung der Muskellänge zu tun.